Zeugnistag
Der Zeugnistag, der naht heran,
den Grundschulkindern wird es bang.
Gar mancher, der ist so gespannt
und hofft und wartet schon gebannt.
Es könnte doch ein Glückstag sein,
mit Freude, Lachen, Sonnenschein.
Vielleicht wird es ein schwarzer Tag,
mit Noten, die wohl keiner mag.
So warten Kinder schon seit Jahren,
sie zittern, hoffen wohl in Scharen.
Denn gleich da steht es auf dem Blatt,
was man im Jahr geleistet hat.
Und auch die Lena freut sich schon,
ist stolz auf den gerechten Lohn.
Ganz weiß wird Jan schon im Gesicht,
nach Hause will er heute nicht.
Der Lehrer ist ein kluger Mann,
der tröstet ihn, so gut er kann.
Dann fährt er gleich mit ihm nach Haus,
und packt für ihn das Zeugnis aus.
Der Vater tobt und Mutter lacht,
der Vater schimpft, dass es so kracht.
Die Mutter tröstet schnell ihr Kind,
holt Vater’s Zeugnis ganz geschwind.
Sie alle lesen runter rauf,
bei Jan hört bald das Weinen auf.
„Das ist ja deins!“, ruft Jan ganz laut,
sein Vater, der ist nicht erbaut.
Da stehen lauter schlimme Sachen,
doch Jan, der traut sich nicht zu lachen.
So ist es, wenn die Eltern klagen.
Ob’s besser war in ihren Tagen?
Ein Zeugnis, Kind, so glaube mir,
es ist am Ende nur Papier.
Was wirklich zählt, das steht da nicht,
du kannst es glauben oder nicht.
Du hast es täglich doch versucht,
das Fach, es bleibt für dich verflucht.
Und war das Zeugnis nicht so gut,
so nimm dein Herz, fass neuen Mut.
Beim nächsten Mal schaffst du die Zwei
und aller Ärger ist vorbei.
Wenn nicht, dann nimm ein Taschentuch,
du hast es wenigstens versucht.
Denn niemand kann dir böse sein,
die Großen sind sonst sehr gemein.
Ein Zeugnistag, der geht vorbei,
heb deinen Kopf und mach dich frei.
Das Einzige was wirklich zählt,
ist Liebe, die zusammenhält.
Und ist das Zeugnis gar nicht fein,
du bleibst als Mensch ein Edelstein.
© Hans-Werner Kulinna